Hardy befragt Winterblood per Mail

Winterblood
Quelle: Winterblood (jimdo.com)

Hardy: Im Namen von „Lady-Metal“ möchte ich mich herzlich für das Interview und eure Antworten bedanken. Ihr habt vor kurzem einen Output namens „Herbstsehnsucht“ veröffentlicht und werdet in nächster Zeit noch zusammen mit MINAS MORGUL gemeinsam live zu erleben sein. Zunächst möchten wir unseren Lesern allerdings noch die Gelegenheit geben, euch etwas besser kennenzulernen.

Fall: Wir haben zu danken, dass ihr euch extra die Zeit nehmt, das Interview mit uns zu führen.

Hardy: „Herbstsehnsucht“ ist euer erstes selbstproduziertes Album. Ich habe bereits von euch erfahren, dass ihr in der Vergangenheit eine Demo- und eine Splitveröffentlichung aufgenommen habt. Doch wie fühlt es sich an, nun auch einen eigenen Langspieler eingespielt zu haben?

Fall: Es ist ein magisches, schönes Gefühl, das erste Mal sein eigen produziertes Album in den Händen zu halten. Wir waren sehr euphorisch. Für Routiniers und Urgesteine, ist das bestimmt nichts mehr so aufregend...

Hardy: Ihr habt „Herbstsehnsucht“ komplett im Alleingang produziert und abgemischt. Dieses Vorgehen ist auch im Underground nicht mehr selbstverständlich. Was könnt ihr aus der Zeit des Masterings berichten?

Fall: Genau, ich und mein Gitarrist Hrothgar haben das Album im Alleingang produziert und abgemischt. Unser Bassist und der Schlagzeuger stießen erst im Jahr darauf zu uns. Das Album entstand sehr schnell und unter Druck vom damaligen Label. Kombiniert mit keinem festen Proberaum, kam es leider zu ein paar Mankos in Sachen Soundqualität. Uns ist hochqualitativer Sound sehr wichtig, auch wenn im Black Metal darauf oft nicht so geachtet wird.

Hardy: Mir kam bereits zu Ohren, dass ihr einen steinigen Weg zu gehen hattet, bis ihr bei dem fertig produzierten Album angekommen wart. Mit welchen Problemen hattet ihr in den letzten Jahren zu kämpfen?

Fall: Es gab in der Tat, einige Probleme. Wir hatten damals keinen festen Proberaum und mussten nach den Recordsessions immer alles abbauen. Jeder der Ahnung hat, weiß, das ist sehr schädlich, wenn man vor hat einen guten Sound zu erreichen.
Desweiteren hatten wir leider keinen Schlagzeuger und unsere Skills waren, dafür was wir im Album verwenden wollten, nicht gut genug. Also mussten wir zu einem Drum Computer greifen.
Wir sind auch etwas über das Ziel hinaus geschossen. Wir sind in der Lage ein gutes bis hervorragendes Homerecording zu erzielen, aber wir wollten mehr und an Tonstudioqualität kommen, was unser Verhängnis wurde. Wir haben weder das extrem teuere Equipment, auch wenn sich unsere Gear durchaus sehen lassen kann, noch haben wir jahrzehnte Erfahrung im Recording/Mixing/Mastering Bereich.
Das nächste Mal wird es aber besser gemacht, weil wir jetzt einen sehr guten Drummer und Bassisten im Winterblood Team haben, die selbstständig und engagiert arbeiten. Dieses Mal arbeiten wir auch mit dem Studio Gernhart zusammen. Eines der besten Tonstudios in Deutschland in Sachen Metal. Dort haben auch schon Bands wie Destruction, Suidakra oder Newcomer wie Frigoris aufgenommen und auch Top Labels arbeiten mit dem Studio zusammen. Was mir besonders gefällt, ist der Aspekt, dass das Tonstudio einen Schlagzeug-Ingeneur hat, was auch nicht selbstverständlich ist.

Hardy: Winterblood begann laut meinen Informationen als Zweimann-Projekt. Mittlerweile hat sich euer Projekt zu einem Quintett weiterentwickelt. Welche Gründe haben euch zu einer solchen Expansion bewegt?

Fall: Uns war es schon immer wichtig, was zusammen als Band zu erschaffen. Es geht um die Gemeinschaft. Es geht auch um andere Einflüsse, da unser Bassist z.B. vom (Blues)Rock und Death Metal beeinflusst ist, während unser Drummer z.B. auch sehr Jazz lastig spielen kann.
Und nur so können wir auch endlich mal wieder live performen. Wir suchen noch weiterhin einen zweiten Gitarristen. Vielleicht können ja eure Leser uns helfen? Wer uns helfen kann, meldet sich bitte unter: winterblood(at)gmx.de

Hardy: Ihr gebt als Einflüsse für eure Musik vielseitige Genres wie Shoegaze, Doom Metal und sogar Jazz an. Welche Bands dienten euch als besondere Inspirationsquelle und welches sind die Musiker, die bei euch persönlich am häufigsten auf Plattenteller und Anlage rotieren?

Fall: Es gibt unzählbare Inspirationsquellen. Shining aus Schweden, Swallow the Sun und Alcest beeinflussen uns unter anderem. Es gibt aber auch genug aus dem Jazz und der klassischen Musik, die als Inspiration dienen. Unser Ziel ist es, ein eigenes Genre zu erschaffen, was natürlich gar nicht so einfach ist. Der Operngesang macht unseren Stil deutlich markanter, da sowas im Black Metal eher nicht vorkommt.
Bei mir rotieren momentan die Draconian Alben, Antimatter Alben und die neuesten Gris, Todtgelichter und Altar of Plagues Alben. Und viel Avantgarde Jazz. Wie es bei den anderen aussieht, weiß ich nicht, da sie musikalisch, ebenfalls sehr facettenreich unterwegs sind.

Hardy: Nun haben wir bereits einige Informationen zu eurem neuen Release in Erfahrung bringen können, allerdings brennt mir noch eine Frage zu eurem lyrischen Schaffen unter den Nägeln. Ihr gebt an, dass eure Texte durch alte sowie zeitgenössische Literatur beeinflusst seien. Welche Bücher haben euch und euer Leben am stärksten bewegt?

Fall: Wir haben uns sehr mit der Deutschen Romantik beschäftigt. Mit Werken von Eichendorff und Brentano. Brentano ist übrigens auch ein Sohn der Stadt Koblenz, auch wenn damals der Stadtteil „Ehrenbreitstein“ noch nicht zu Koblenz gehörte, gehört es nun zu Koblenz.
Mich persönlich haben die Werke von: Goethe, Schiller, Nietzsche, Tolstoi, Lovecraft, Poe, Hemingway und Kant am stärksten bewegt.

Hardy: In euren Texten prangert ihr unter anderem die Ignoranz und Dekadenz unserer Konsumgesellschaft an. In welchen Problemen der modernen Zeit seht ihr die größten Schwierigkeiten auf uns zukommen?

Fall: Es gibt so viele Probleme. Da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll.
Mir gefällt es z.B. nicht wie Musik behandelt wird. Für viele ist Musik zu einem Konsumgut verkommen. Man beschäftigt sich nicht mehr intensiv mit der Musik. Einmal angehört und schon verstaubt die CD im Regal. Mir gefällt auch dieser Downloadkram nicht. Ich habe lieber eine liebevoll gestaltete CD, die ich auch richtig anfassen und besitzen kann.
Aber das viel größere Problem sehe ich darin, wie sehr die Natur und einige Menschen ausgebeutet werden, nur weil die großen Konzerne nicht genug von ihrer Habgier bekommen. Aber die Natur wird sich rächen... Was ebenfalls noch ein gravierendes Problem darstellt, ist die Verschwendung auf der einen Seite, während die andere Seite kaum Nahrung bekommt.
Wir schmeißen direkt alles weg, während die Leute im Afrika, Südamerika oder Asien um ihr Überleben kämpfen. Ihr könnt euch ja mal die Dokumentation „Taste the waste“ anschauen...

 

Quelle: Winterblood (jimdo.com)

Hardy: Was sind eure nächsten Projekte, nachdem „Herbstsehnsucht“ nun aufgenommen und gepresst wurde? Habt ihr schon Pläne für die nahe Zukunft oder werden ihr euch zunächst eine verdiente Ruhepause gönnen?

Fall: Also, zu erst müssen wir unbedingt einen zweiten Gitarristen finden.
Wir arbeiten momentan an dem zweiten Album und bereiten uns für ein paar Auftritte vor.

Hardy: Wird es in nächster Zeit die Gelegenheit geben euch live zu erleben? Falls ja, womit hat man zu rechnen, wenn sich auf einem Winterblood-Konzert wiederfindet?

Fall:
Es wird dieses Jahr 2 Auftritte von uns geben. Einmal am 14. September mit FRIGORIS in Bottrop und einmal am 2. November in Winsen (Luhe) mit MINAS MORGUL und anderen auf dem Halloween Festival. Man kann leidenschaftliche, hungrige Musiker erwarten, die ihr bestes auf der Bühne geben werden. Ich hoffe, ich bin nicht so schwer eingerostet, da ich das letzte Mal vor 4 Jahren auf der Bühne stand.

Hardy:
Ich danke euch nochmals für eure Zeit und wünsche viel Erfolg mit eurem Album „Herbstsehnsucht“ sowie allen kommenden Herausforderungen. Wir haben zwar im Moment noch eine absolute Hitzewelle, doch ich bin mir sicher: Der nächste Herbst wird kommen!

Fall: Ohja, da sagst du was. Wir gehen in unserem Proberaum regelrecht ein. Nochmals vielen Dank für das Interview und ich wünsche euch im Namen der kompletten Winterblood-Crew alles Gute für die Zukunft.

Chris Hardy