Hardy befragt Yantit per Mail

Quelle: massacre-records.de

Hardy: Im Namen von „Lady-Metal.com“ darf ich mich bei euch herzlich für eure Zeit bedanken. Da meine ehemalige Kollegin Laura bereits letztes Jahr ein
Interview mit euch führte, wurden mir einige interessanten Fragen schon
vorweggenommen. Die Chance auf ein Rede-Antwort-Spiel mit euch wolle ich
mir dennoch keinesfalls entgehen lassen.

Yantit: Sei gegrüßt und ja, dass Interview ist mir noch in guter Erinnerung.
Dann geben wir mal unser Bestes :-)

Hardy: Ihr seid nicht unbedingt dafür bekannt, Songs wie am Fließband zu
produzieren. Während zwischen den Veröffentlichungen der ersten beiden
Alben immerhin zwei Jahre lagen, war es vor „Bereue nichts“ ganze acht
Jahre lang still um euch. Wieso ging es diesmal so schnell vonstatten?
Ist euch mittlerweile etwa tatsächlich langweilig geworden?

Yantit: Nein, im Gegenteil:-) Nachdem wir mit „bereu nichts“ aus dem Studio gekommen sind war ich einfach nur total motiviert und habe mich sofort daran gemacht, neue Stücke/Texte zu schreiben… manchmal ist eben alles ganz einfach und die lange Pause zwischen „Heimwege“ und „bereue nichts“ war ja auch nicht unbedingt gewollt.

Hardy: Die einzelnen Songs wirkten auf mich durchweg sehr eigenständig.
Jedes Stück präsentiert eigene Ideen bezüglich des Songwritings. Zudem wechseln ständig Versmaß und Stimmung. Trotzdem tragen alle Tracks eindeutig eure Handschrift, wodurch das Album zu einer runden Sache wird. Worin besteht eurer Meinung nach die Kohärenz zwischen den verschiedenen Liedern?

Yantit: Du hast es ja eigentlich schon vorweg genommen. Ich denke, der „rote Faden“ ergibt sich aus uns als Band, die schon immer klingt wie sie klingt und den Texten. Inhaltlich gab es seit unserer ersten Platte keine nennenswerten Veränderungen oder gar Kurswechsel, was ja auch absurd wäre.

Quelle: clubfromhell.de

Hardy: Ungeziefer spielt auf dem aktuellen Release kaum eine Rolle. Trotzdem
habt ihr wieder einen Käfer auf dem Albumcover abgebildet, der diesmal allerdings wie ein unbeteiligter Zuschauer nur etwas abseits zu sehen ist. Nehmt ihr mit dieser Darstellung langsam aber sicher Abstand von
der kafkaesken Schädlingsthematik?

Yantit: Erst mal etwas zum „Ungeziefer“ und den Schädlingen. Ein wesentlicher Punkt bei Ewigheim war es immer, den Leuten anhand der Texte zu erklären, dass es mich ankotzt, wenn ein „Leben“ als minderwertig hingestellt wird nur weil es z.B. in einer Maus oder einem Käfer steckt. Für mich selbst würde ich niemals zwischen „Geziefer“ und „Ungeziefer“ unterscheiden.
Stell dir vor, man käme öffentlich auf die Idee, Menschen in Schädlinge und Nichtschädlinge zu und unterteilen… man hätte umgehend einen „Menschrechtsverband“ oder eine bekackte „Lichterkette gegen Ausgrenzung“ an der Backe:-) Ein Tier lebt einfach und es ist mir auch kein Fall bekannt, in dem ein Tier, einem Menschen böses wollte (ich rede hier nicht davon, dass Tiere Menschen fressen, Tiere müssen schließlich fressen). Umgekehrt sieht es da schon anders aus und man könnte die ganze Menschheit als schädlich (für Tiere und Menschen) bezeichnen.
Aber zu deiner Frage. Das Bild auf dem Albumcover stammt von Richard Müller, einem  böhmischen Maler aus den 20er und 30er Jahren. Ich habe das Bild nicht verändert, sprich, der Käfer war schon vorhanden. Als ich es zum ersten Mal gesehen habe wusste ich sofort, dass es das Cover für „Nachruf“ werden muss, da es alles in sich trägt was wir mit Ewigheim ausdrücken wollen. Es ist ja quasi ein Nachruf in sich… eben an eine Maus.
Von daher spielt es auch keine Rolle ob wir einen Käfer, eine Maus oder irgendein anderes Tier verwenden, unser Nachruf richtet sich an alle (vermeintlich) kleinen Geschöpfe, die gern mal übersehen oder einfach vergessen werden.

Hardy: EWIGHEIM waren schon immer für ihren schwarzen Humor bekannt. Auch diesmal sind wieder einige makabre Ideen auf dem Output vertreten (z.B.
„Heimweh“). Woher nehmt ihr die Ideen für solches Liedgut?

Yantit: Phu… diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten.
Ich war eigentlich schon immer ein sehr lustiger Mensch, was mir in der Vergangenheit oft geholfen hat auch in wirklich schlimmen Momenten nicht den Glauben zu verlieren, aber eben auch immer wieder für verständnislose Gesichter sorgt. Nicht falsch verstehen, ich rede hier nicht von einer positiven Lebenseinstellung oder einem sonnigen Gemüht, ganz im Gegenteil. Da diese Muster nur endogen, angeboren oder über Jahre „antrainiert“ seien können, lassen sie sich auch beim schreiben nicht einfach ablegen und werden so zu etwas, dass auch die Texte beeinflusst.
Alles darüber hinaus liegt im Auge des Betrachters. Oft sind es gerade Texte, bei denen ich überhaupt keine „humoristischen“ Ambitionen hatte, die beim Hörer als besonders „lustig“ ankommen oder umgekehrt. Ich habe in Interviews schon öfter gesagt, dass ich dankbar um Jeden bin, der sich über das, was ich für Ewigheim schreibe Gedanken macht. In welche Richtung diese Interpretationen gehen, spielt eigentlich nur eine untergeordnete Rolle, solange die Leute nachdenken… und wir mit Ewigheim so etwas, wie einen „Bildungsauftrag“ sprich, eine Daseinsberechtigung haben:-)

Hardy: Wir wissen bereits, dass ihr nicht für ausgedehnte Tourneen zu haben
seid. Wird es neben dem Releasekonzert mit EISREGEN trotzdem noch weitere Promotion-Gigs geben?

Yantit: Ja, ein paar weitere sind bereits geplant. Es ist ja nicht so, dass man uns dazu zwingen muss Konzerte zu geben geben, sie sollen einfach nur etwas Besonderes bleiben.

Hardy: Ich glaube dies waren genug Fragen zu dem neuen Album. Nun möchte ich gerne noch ein paar allgemeinere Dinge von euch wissen. Ich selbst habe
mich während meinem Studium unter anderem mit Literaturwissenschaft auseinandergesetzt und fragte deshalb auch andere Bands in Interviews bereits nach ihren literarischen Einflüssen. Auf musikalischer Ebene haben wir in dem letzten Interview bereits von euren Vorbildern erfahren. Gibt es neben diesen auch Künstler aus Lyrik und Prosa die euer Schaffen prägen?

Yantit: Nicht wirklich. Es gibt sicher ein paar Leute, denen ich inhaltlich etwas abgewinnen kann und auch welche, die ich für ihr Art zu schreiben mag. Da man beim Lesen jedoch immer Gefahr läuft Ansätze, oder im schlimmsten Fall sogar ganze Formulierungen zu übernehmen, beschränke ich mich schon lange auf Sachbücher und Biografien… davon abgesehen war ich auch noch nie ein großer Bücherwurm.

Hardy: Ihr seid alles erfahrene Musiker aus völlig unterschiedlichen Bands.
Die Spanne zwischen THE VISIONS BLEAK (Konstanz), EISREGEN (Yanit) und
HÄMATOM (West) kann abgesehen von der deutschen Sprache meiner Ansicht
nach kaum größer sein. Wie läuft das Songwriting bei dem Zusammenschluss
so unterschiedlicher Künstler ab?

Yantit: Das ist einfach, ich schreibe die ganze Musik und die Texte °lach°
Aber ernsthaft, damit Ewigheim wie Ewigheim klingt, braucht es viel mehr und dafür könnte die oben beschriebene Konstellation kaum besser sein. Allen B. ist im „richtigen Leben“ Musiklehrer und hat sowohl eine Gesangs, als auch eine Schlagzeugausbildung. Darüber hinaus ist er sehr versiert, wenn es darum geht Stücke richtig zu arrangieren. West ist ebenfalls Musiklehrer und gibt Unterricht am Bass. Ich kann es nicht wirklich beschreiben, aber das Zusammenspiel zwischen ihm und Allen B. am Schlagzeug finde ich einfach nur unglaublich. Bei Markus (Schwadorf) ist es ähnlich, ich kenne kaum einen Menschen, der so beseelt mit seinem Instrument und Musik im Allgemeinen umgeht. Dazu ist er absolut teamfähig und man darf auch seinen Einfluss als Produzent auf unsere Platten nicht unterschätzten. Wie gesagt, die ist die perfekte Konstellation.

Hardy: Auch wenn dies ein Interview mit euch als Members von EWIGHEIM sein
soll, kann ich mir zwei Fragen zu euren anderen Bands leider nicht verkneifen. Ich bitte hierfür vielmals um Verzeihung. Die erste Frage richtet sich an Yanit – Warum haben die sensationellen TRANSILVANIAN BEAT CLUB den Winter nicht überlebt? Mir sind einige Wodkavampire bekannt, die sich über eine Fortführung dieses Projekts mehr als nur schlicht freuen würden.

Yantit: Ach Quatsch, dafür musst du doch nicht um Verzeihung bitten. Im Gegenteil, ich bin immer ganz froh, wenn ich die Möglichkeit bekomme mal etwas dazu zu sagen.
Und nein, mit dem Beat-Club werden wir wohl gar nichts mehr machen. Der Hauptgrund dafür ist, dass ich vor etwa 5 Jahren aufgehört habe zu trinken und es sich einfach nicht richtig anfühlen würde, wenn ich den Leuten nüchtern etwa vom Saufen erzähle. Auf einer Bühne ginge es schon gleich gar nicht, da ich ohne Schnaps sehr zurückhaltend bin:-)
Außerdem war der TBC immer eine Sache, die eher auf freundschaftlicher Ebene, als aufgrund großartiger, musikalischer Ambitionen funktioniert hat. Zwischen den Mitwirkenden ist davon auch nicht viel übrig geblieben… schade, aber es hat eben alles seine Zeit. Auf der anderen Seite war mein „Alkoholgenuss“ aber auch immer ein Thema, dass zwischen mir und Allen B. stand. Keine Ahnung ob es Ewigheim heute geben würde, wenn ich nicht aufgehört hätte zu trinken.

Hardy: Die zweite Frage bezieht sich auf die Band EMPYRIUM – Wird es über
kurz oder lang wieder die Möglichkeit geben diese Legende live zu erleben? Den Gig auf dem WGT musste ich leider verpassen, da ich nicht schön genug für die Welt der Haarextensions und der künstlichen Fingernägel bin. Bekomme ich in näherer Zukunft nochmal Gelegenheit diese Erfahrung nachzuholen?

Yantit: Das mit den Haarextensions und Fingernägeln ehrt dich, doch dazu müsstest du Schwadorf befragen.

Hardy: Die Höflichkeit gebietet es, dem Gast die letzten Worte zu überlassen. Da eure Alben für die letzten Tracks und ihr somit quasi für eure letzten Worte bekannt seid, erhoffe ich mir zumindest Einsicht in die Weltformel oder den transzendentalen Sinn des Lebens.
In diesem Sinne: Vielen herzlichen Dank für das Interview. Ich hoffe, euer neuer
Langspieler schlägt ein wie eine Splitterbombe und stürzt ganz Europa in ein niemals endendes Chaos. Hoffentlich bekommen wir von euch und euren
anderen Bands bald wieder etwas zu hören.

Yantit: Ich danke dir für die Mühe und die Möglichkeit, es hat wirklich Freude gemacht zu antworten:-) An eine Weltformel glaube ich nicht und es wurde wohl auch alles gesagt. In diesem Sinne… alles wird gut!